Unser Name

Unser Wohnheim trägt die Namen der Geschwister Hans und Sophie Scholl, die zum Kreis der „Weißen Rose“ gehörten. Die „Weiße Rose“ war eine studentischen Widerstandsgruppe in München, die während des 2. Weltkriegs gegen das verbrecherische Hitler-Regime kämpfte.

Hans und Sophie Scholl sowie fünf Mitstreiter – Christoph Probst, Alexander Schmorell, Kurt Huber, Willi Graf und Hans Leipelt – bezahlten ihren tapferen Widerstand mit dem Leben. Mehrere andere Freunde wurden zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt.

Der Name des Wohnheims soll allezeit an das mutige Beispiel der Geschwister Scholl und ihrer Freunde aus der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ erinnern und alle mahnen, immer und überall auf der Welt für Freiheit, Frieden und Menschenrechte einzutreten – so wie sie.

Die Geschwister Scholl

Hans und Sophie Scholl waren zwei der sechs Kinder von Robert und Magdalena Scholl. Die Eltern waren liberal orientiert, Vater Robert war Pazifist und Mutter Magdalena religiös geprägt. Sie lebten ihren Kindern vor, für ihre Überzeugungen einzustehen. Die Erziehung nach christlich-liberalen Werten dürfte einen nicht zu unterschätzenden Einfluss darauf gehabt haben, warum die Kinder das NS-Regime ablehnten. Wie ihre älteren Geschwister, Inge und Hans, war auch Sophie anfangs noch begeistert vom Gemeinschaftsideal, das die Nationalsozialisten propagierten. In der Hitlerjugend (HJ) und dem Bund Deutscher Mädel (BDM) waren die Scholl-Kinder gezwungenermaßen, anfangs standen sie beidem jedoch auch positiv gegenüber. Deswegen kam es in der Familie immer wieder zu Streit mit den Eltern.

Portraits von Sophie und Hans Scholl

 

Mit der Zeit entdeckten die Kinder zunehmend Widersprüche zwischen der parteigesteuerten Fremdbestimmung durch die Nationalsozialisten und dem eigenen freiheitlichen Denken. In der HJ und dem BDM sorgten die Geschwister Scholl in der Folge für Konflikte, die sie ihre  Führungspositionen kosteten.

Die Geschwister Scholl, besonders Sophie, und ihre Freundinnen und Freunde wurden von den Arbeiten des katholischen Publizisten Theodor Haecker beeinflusst, der unter der Herrschaft der  Nationalsozialisten nicht mehr veröffentlichen durfte. Im Freundeskreis wurden die progressiven Werke des Publizisten Carl Muths und Theodor Haeckers sowie die Vorlesungen des unangepassten Philosophieprofessors Kurt Huber häufig diskutiert.

Bis zu ihrer Verhaftung studierten Hans und Sophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Hans studierte ab 1939 Medizin, Sophie ab 1942 Biologie und Philosophie. Aufgrund ihres Medizinstudiums wurden Hans Scholl, Alexander Schmorell, Willi Graf und ihre Freunde als Sanitäter an der Kriegsfront eingesetzt. Als „Hilfsärzte“ wurden die jungen Medizinstudenten unmittelbar mit der brutalen Realität des Krieges konfrontiert und davon geprägt.

Die „Weiße Rose“

Sophie Scholl verabschiedet die Freunde, bzw. Mitglieder der “Weißen Rose”, die in einer Studentenkompanie zum Sanitätsdienst an die Ostfront (Russland) abkommandiert wurden, München, Ostbahnhof (gegenüber von Haus Orleansstraße 65, im Hintergrund Orleansstraße 61 und 63), 23. Juli 1942: Von links Hubert Furtwängler, Hans Scholl, Raimund Samüller, Sophie Scholl und Alexander Schmorell. © George (Jürgen) Wittenstein / akg-images

Die „Weiße Rose“ nannte sich eine aus der katholischen und bündischen Jugendbewegung hervorgegangene Widerstandsgruppe von Studierenden gegen das nationalsozialistische Hitler-Regime. Ab Sommer 1942 riefen sie in München mit Flugblättern gegen die NS-Diktatur und zur Beendigung des Krieges auf. Hans und Sophie Scholl gehörten neben Christoph Probst, Alexander Schmorell, Kurt Huber, Willi Graf und Hans Leipelt zum inneren Kreis der weißen Rose. Mit der Zeit schlossen sich auch in anderen deutschen Städten Helferinnen und Helfer der Widerstandsgruppe an. Sogar in dem Philosophieprofessor Kurt Huber, der an der Ludwig-Maximilians-Universität München lehrte, fanden sie einen weiteren Gleichgesinnten, der sich der Widerstandgruppe im Sommer 1942 anschloss.

Die Flugblätter

Aufgrund der Meinungsunterdrückung durch das Hitlerregime bot die Universität für offene und kritische Gespräche keinen Raum mehr. Intellektuelle Auseinandersetzungen konnten nur in geschützter und privater Umgebung stattfinden. Der Kreis der „Weißen Rose“ traf sich deshalb zu privaten Leseabenden, bei denen sie anfangs vom NS-Regime verbotene Bücher lasen und über diese diskutierten. Im Juli 1942 hatte die Gruppe dann das Bedürfnis zu handeln. Hans Scholl und Alexander Schmorell begannen heimlich vier Flugblätter unter dem Titel „Flugblätter der Weißen Rose“ zu verfassen und zu versenden.

Durch hilfreiche Freundinnen und Freunde in anderen Städten – Ulm, Stuttgart, Freiburg, Saarbrücken, Hamburg und Berlin – fanden die Flugblätter der „Weißen Rose“ heimliche Verbreitung.

Besitz und Weitergabe regimefeindlicher Flugschriften waren jedoch im Nationalsozialismus streng verboten, Bürgerinnen und Bürger waren verpflichtet, Schriften dieser Art bei der Polizei abzugeben. Die ersten Flugblätter wurden auch von etwa einem Drittel der rund 100 Empfänger gemeldet.

Nach ihrer Rückkehr aus dem Sanitätseinsatz in Russland waren Alexander Schmorell und Hans Scholl noch entschlossener als vorher, Widerstand zu leisten. Nun schlossen sich auch Sophie Scholl, Willi Graf, Christoph Probst und Ende Dezember 1942 Kurt Huber aktiv an.

Im Januar 1943 endete die Schlacht um Stalingrad, die sich später als ein Wendepunkt des 2. Weltkriegs erweisen sollte, mit einer katastrophalen Niederlage der Deutschen Wehrmacht. Von den ursprünglich 330.000 Soldaten der 6. Armee waren mehr als zwei Drittel gefallen. Auf russischer Seite starben über eine Million Menschen in und um Stalingrad.

Für die Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ war das der Anstoß zu ihrem fünften und sechsten Flugblatt, welche sie zusammen im Januar und Februar 1943 verfassten, jetzt unter dem Pseudonym „Widerstandsbewegung in Deutschland“. Mithilfe eines neuen Vervielfältigungsapparats produzierten sie jeweils ca. 6.000 Abzüge. Im Krieg waren Papier, Umschläge und Briefmarken rationiert, bereits der Kauf größerer Mengen davon machte den Käufer bzw. die Käuferin verdächtig. Mit der Fertigung und Versendung der Flugblätter riskierten die Studierenden also ihr Leben.

Doch nicht nur mit Flugblättern versuchte die Widerstandsgruppe, dem Hitlerregime zu trotzen. Hans Scholl, Willi Graf und Alexander Schmorell schrieben in mehreren Nächten im Februar 1943 mit Teerfarbe die Parolen „Nieder mit Hitler“ und „Freiheit“ auf die Mauern ihrer Universität und anderer Gebäude.

unten links und mitte: das 5. Flugblatt der „Widerstandsbewegung in Deutschland“     BArch, R 3018 _/_ 18431
unten rechts: das 6. Flugblatt der „Widerstandsbewegung in Deutschland“     BArch, R 3018_ / _18431
unten: das 5. Flugblatt der „Widerstandsbewegung in Deutschland“    
BArch, R 3018/  18431
unten: das 6. Flugblatt der „Widerstandsbewegung in Deutschland“    
BArch, R 3018/  18431

Verhaftungen, Schauprozesse, Todesurteile

Am 18. Februar 1943 gegen 11 Uhr legten die Geschwister Scholl das sechste Flugblatt vor den Hörsälen im Hauptgebäude der LMU aus, die restlichen Blätter ließen sie in den Lichthof fallen. Dabei wurden sie vom Hausmeister Jakob Schmid beobachtet und festgehalten. Beide wurden sofort von der Gestapo verhaftet. Bei Hans Scholl fand die Polizei einen in kleine Schnipsel zerrissenen handschriftlichen Flugblattentwurf von Christoph Probst, der daraufhin am folgenden Tag ebenfalls festgenommen wurde.

Sophie und Hans Scholl wurden einzeln vernommen. Sophie bekannte, „mit dem Nationalsozialismus nichts zu tun haben“ zu wollen. Als ihr in der Vernehmung am nächsten Tag, dem 19. Februar 1943, um vier Uhr morgens mitgeteilt wurde, ihr Bruder habe gestanden, legte auch sie ein Geständnis ab.

Die Geschwister Sophie und Hans Scholl, gespielt von Lena Stolze & Wulf Kessler im Film „Die weiße Rose“ (1982), werden von der Gestapo verhaftet. © CCC Filmkunst GmbH / Sentana Film

Roland Freisler, der berüchtigte Präsident des sogenannten Volksgerichtshofs, eilte von Berlin herbei, um schon am 22. Februar 1943 mit den Verhafteten kurzen Prozess zu machen. Hans und Sophie Scholl sowie Christoph Probst wurden zum Tode verurteilt und noch am gleichen Tag im Gefängnis München-Stadelheim durch das Fallbeil hingerichtet. Hans Scholl rief am Schafott laut: „Es lebe die Freiheit“.

Nur wenige Tage nach der Festnahme der Geschwister Scholl wurden auch Alexander Schmorell und Kurt Huber inhaftiert. Sie wurden in dem zweiten Prozess des Volksgerichtshofs gegen die „Weiße Rose“ am 19. April 1943 zum Tode verurteilt. Kurt Huber war im Prozess der mutige Gegenspieler von „Hitlers Scharfrichter“, Roland Freisler, der ihm jedes ehrenhafte Motiv absprach. Am 13. Juli 1943 starben Kurt Huber und Alexander Schmorell auf dem Schafott, Willi Graf erst am 12. Oktober 1943, nachdem die Gestapo vergeblich versucht hatte, etwas über seine Verbindungen zu anderen Regime-Gegnern und – Gegnerinnen herauszupressen.

Bis Ende Februar 1943 wurde der Münchner Freundeskreis weitgehend inhaftiert. Ihre Familienangehörigen kamen auf Anordnung Heinrich Himmlers in „Sippenhaft“.

Im zweiten Prozess am 19. April 1943 in München wurden noch elf weitere Personen angeklagt, die bei der Verbreitung der Flugblätter geholfen hatten. Die meisten dieser Angeklagten erhielten hohe Zuchthausstrafen. Am 13. Juli 1943 folgte in München ein dritter Prozess gegen vier Angeklagte, ein vierter am 3. April 1944 in Saarbrücken gegen einen Angeklagten. Ein fünfter und letzter Prozess fand am 13. Oktober 1944 in Donauwörth gegen sieben Angeklagte statt, von denen einer, Hans Leipelt, zum Tode verurteilt und am 29. Januar 1945 in München-Stadelheim enthauptet wurde.

Was war das Ziel der Widerstandsgruppe?

Mit den „Flugblättern der Weißen Rose“ (1. bis 4. Flugblatt), den „Flugblättern der Widerstandsbewegung in Deutschland“ (5. und 6. Flugblatt) sowie mit den Wandparolen versuchte die Widerstandsgruppe, die akademische Jugend und darüber hinaus alle Deutschen guten Willens gegen die verbrecherische Hitler-Diktatur zu mobilisieren. Dieses Ziel erreichten sie nicht, dennoch waren ihre Opfer nicht vergeblich. Sie sind bis heute leuchtende Vorbilder dafür, wie Menschen selbst in finstersten Zeiten tapfer und selbstlos für Freiheit und Frieden eintreten können.

Teil des Wiederaufbaus: Bodendenkmal für die „Weißen Rose“ vor dem Haupteingang der LMU am Geschwister-Scholl-Platz

Winston Churchill, während des 2. Weltkrieges britischer Premierminister, sagte 1946 über die „Weiße Rose“ folgendes:

„In Deutschland lebte eine Opposition, die zum Edelsten und Größten gehört, was in der politischen Geschichte der Völker hervorgebracht wurde. Diese Menschen kämpften ohne Hilfe von innen und außen – einzig getrieben von der Unruhe des Gewissens. Solange sie lebten, waren sie für uns unsichtbar, weil sie sich tarnen mussten. Aber an den Toten ist der Widerstand sichtbar geworden. Diese Toten vermögen nicht alles zu rechtfertigen, was in Deutschland geschah. Aber ihre Taten und Opfer sind das unzerstörbare Fundament des neuen Aufbaus.“

Weiterführende Literatur

Mehr Informationen und Darstellungen der Hintergründe zur Widerstandsgruppe „Weißen Rose“ finden Sie auf folgenden Webseiten:

Weiße Rose Stiftung:
https://www.weisse-rose-stiftung.de/widerstandsgruppe-weisse-rose/

Bundeszentrale für politische Bildung:
https://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/weisse-rose/60941/vorwort

Oder in nachfolgender Literatur:

Die Weiße Rose
Herausgegeben von der Weiße Rose Stiftung, Gentner Straße 13, 80805 München, 3. Auflage
Diese Broschüre (87 Seiten), in mehreren Sprachen erschienen, ist auch in der Denkstätte Weiße Rose neben dem Lichthof der Universität München erhältlich.

Barbara Beuys, Sophie Scholl- Biographie, insel Taschenbuch 4049, Berlin 2011
ISBN: 978-3-458-35749-0

Barbara Leisner, „Ich würde es genauso wieder machen“ Sophie Scholl
List Taschenbuch Verlag, 3. Auflage, 2000, ISBN 3-612-65059-9

Rudolf Lill (Hrsg.), Hochverrat ? Neue Forschungen zur Weißen Rose
Portraits des Widerstands, 1. Auflage 1993, Veränderte Auflage 1999,
UVK Universitätsverlag Konstanz GmbH, Konstanz 1999
ISSN 0943-903 X, ISBN 3-87940-634-0

Inge Scholl, Die Weiße Rose
Fischer Taschenbuch Verlag, 9. Auflage, 2001, ISBN 3-596-11802-6

Hermann Vinke, Das kurze Leben der Sophie Scholl
Ravensburger Verlag, Erstauflage: 1986, ISBN: 3-473-54208-3